Hybride vs. Zweinutzungshuhn oder warum wir auf Appenzeller Barthühner setzen

Wer kennt sie nicht: Die schönen braunen und weissen Hennen, dazwischen vielleicht mal ne Blaue oder Schwarze, die auf den Bauernhöfen anzutreffen sind. Hierbei handelt es sich meistens um sogenannte Legehybriden, deren Zweck nur einer ist: Möglichst viele Eier in kurzer Zeit zu legen.


Wie es begann

Ja, mit den Braunen hat vor gut zwei Jahrzehnten auch die Hühnerhaltung des Könighof begonnen. Warum ausgerechnet braune Legehybriden? Tja, ich kannte nichts anderes und da ich kein Fan von weissen Tieren bin, kamen die Braunen zum Zuge. Zudem gelten sie als ruhiger und zutraulicher. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen. Wir hatten nie Weisse.

 

Doch die Ernüchterung kam schon bald. Die braunen Hennen legen wie Maschinen. Das erste kleine, süsse Ei wird im Alter von 20 – 22 Wochen gelegt. Dann geht es ohne Pause bis zur nächsten Mauser weiter.

 

Mit rund 300 Eiern legt eine Hybridhenne fast täglich ein Ei. Dieses Hochleistungstier kommt im Alter von 12 - 15 Monaten an seine Lebensgrenze. Denn eigentlich ist weder die nun anstehende Mauser noch ein zweites Legejahr für sie vorgesehen. Auch wenn dies möglich wäre.

Dafür wurden sie nicht gezüchtet – und ja, man sieht den Hennen diese enorme Leistung an.

 

Träumt man dennoch davon, eine Legehybride jahrelang im Stall zu behalten, dann lässt man sie in die Mauser gehen. Viele erholen sich mehr schlecht als recht vom Wechsel des Federkleides und der Legepause. Die Eierqualität nimmt rapide ab. Im Stall bleibt ein ausgezehrtes Huhn zurück.

 

Das Ende der Geschichte: Legehybriden leben in der Regel nicht allzu lange. Meist werden sie dann geschlachtet und im Idealfall zu Suppenhühnern verarbeitet. Mehr liegt auch nicht mehr drin – sie sind unwirtschaftlich geworden. Ab und an gehen solche Hennen weiter zu Privathaltern, die sich an ihnen noch erfreuen.


Kleine Appenzeller Barthühner Gruppe im Auslauf
Kleine Appenzeller Barthühner Gruppe

Wehe du bist ein Hahn!

Doch nicht nur das Bewusstsein des eher traurigen Daseins einer Legehybride hat den Wandel im Könighof gefördert, sondern auch das Wissen, um das Elend der Legehybrid-Hähne.

Okay, Hähne kann man die Kleinen ja nicht nennen. Kaum geschlüpft, sind sie dem Tode bereits geweiht und werden vergast. Dies, weil sie keinen Nutzen haben.

 

Viel zu viel an Futter, für am Ende viel zu wenig Fleisch und somit Erlös, müsste in diese Hähnchen investiert werden und es heisst, es gebe keinen Markt für diese Küken.

Also gilt für sie: unwirtschaftlich.

 

Hmmm, ist das die Hühnerhaltung, die wir uns vorstellen? Die wir wollen und fördern?

Nein, mit Gewissheit nicht!  


Doch wie tragen wir unseren Teil dazu bei, die Zucht von Legehybriden nicht weiter zu fördern?

Die Idee des Zweinutzungshuhnes ist nicht neu – im Gegenteil. Das Zweinutzungshuhn war lange Zeit das Merkmal schlechthin, für die traditionelle Landwirtschaft! Doch durch die zunehmende Industrialisierung und der damit verbundenen Spezialisierung wurden Zwei- und Dreinutzungrassen zu bedrohten Tierrassen.

 

Zweinutzungshühner werden nicht nach Hahn und Henne selektioniert. Die Hennen werden zum Legen von Eiern genutzt und die Hähne aufgezogen bis sie zu feinem Pouletfleisch verarbeitet werden können. Dies führt zu einer Entschärfung der Problematik der männlichen Küken.  


Das klingt doch wunderbar – ist es das etwa nicht?

Mehr Fleischanteil heisst bei einem Huhn zwangsläufig, weniger Eier und umgekehrt. Im Vergleich zu Masthybriden benötigt ein Zweinutzungshahn eine längere Mastzeit. Wir sprechen hier von gut doppelt so lange – je nach Rasse des Hähnchens.

 

Je nachdem welcher Quelle man Glauben schenken mag, benötigt ein Zweinutzungshähnchen 50 % mehr an Futter und verfügt so über eine schlechtere Energiebilanz.

 

Eier legende Rassehennen kommen natürlich nie an Legehybriden heran. Je nach Rasse sprechen wir von 50 bis etwas über 200 Eier je Henne und Jahr.

 

Zudem fühlen sich unsere Zweinutzungstiere in kleineren Herden viel wohler als in Grossen.


Ja wenn’s sonst nichts ist…

Schön wäre es. Wenn wir vorher Genanntes auch wunderbar meistern, so stehen wir häufig beim Konsumenten an. Eine Henne legt zu Beginn kleinere Eier, sogenannte Junghenneneier. Für diese einen Abnehmer zu finden, stellt sich oft als Herausforderung dar.

Durch unsere moderne Lebensweise haben viele Menschen gängige Küchenpraktiken verlernt und wissen dann nicht mehr umzugehen mit einem Produkt, das nicht der Norm entspricht.

 

Auch bei zunehmender Legedauer sind diese Eier nicht zwangsläufig in gewohnter Grösse. Je nach Rasse ist das ursprüngliche Eigewicht vollkommen anders, als wir das von Legehybriden kennen. So gehts auch weiter bei älteren Hennen: Ihre Eier sind häufig deutlich grösser und schwerer als es beim Ei eines Detailhändlers der Fall ist.

 

Zudem ist die Investition in ein Freilandei eines Zweinutzungshuhnes höher, als jenes einer Hybridhenne.

 

Das ist noch nicht alles…

Denn auch beim Fleisch gibt es Unterschiede. Während Ihr beim Detailhändler Poulet für SFr. 6.00 je Kilo erhaltet, ist das mit einem Zweinutzungshähnchen aus dem Freiland schlicht und einfach nicht möglich. Nicht mal dann, wenn wir das Fleisch verschenken würden.

 

Zudem scheuen manche den Versuch, ein Poulet zu verarbeiten, dass ein wenig älter ist.


Warum denn nun Appenzeller Barthühner – Hybriden lohnen sich doch viel mehr

Ja, wenn man die knallharten Fakten anschaut, so scheint es so zu sein, dass Hybridhühner wirtschaftlicher sind. Doch die eingangs erwähnten Problematiken bei den Hybridhühnern wiegen in unseren Augen schwerer.

 

Die Appenzeller Barthühner gehören zu den äusserst freundlichen Hühnerrassen. Sie sind frohwüchsig, ruhig, umgänglich und vertragen auch raues Klima sehr gut. Zudem sind sie äusserst sozial und stalltreu.

Als gute Legerinnen legen sie im Jahr um die 160 Eier. Saisonale Engpässe sind relativ gut auffangbar, indem wir mehrere Altersgruppen in der Herde halten und so nie alle gleichzeitig in die Mauser gehen. Von dieser erholen sie sich übrigens rasch und sehr gut.

 

Doch auch der Fleischansatz ist nicht zu unterschätzen. Unser erster Pouletversuch brachte im Durchschnitt 1.7 kg Fleisch je Hahn. Wenn auch nicht in den üblichen 40 Tagen (Masthybride) und auch nicht in den gut 63 Tagen (Bio-Masthybride). Die Qualität war überdies hervorragend.

 

Ein schönes und langlebiges Zweinutzungshuhn, dass uns mit Eiern und Fleisch verwöhnt. 

 

Im Übrigen sind wir bei den Barthühnern nicht vom Handel abhängig. Da wir sowohl die Eier als auch das Fleisch verwerten, brüten wir selbst und können den männlichen Küken einen Sinn geben. Bei uns sind sie nicht unwirtschaftlich.


Ende gut, alles gut?

Wenn es uns gelingt, Euch als Konsumenten aufzuzeigen, dass diese Produkte für Euch einen Mehrwert in Punkto Geschmack, Qualität und für die Tiere in Sachen Tierwohl liefern, haben wir ein grosses Ziel erreicht.

Denn wir sind uns sicher, dass dieses „Nischenprodukt“ ein Produkt der Zukunft ist. Ein Weg die Landwirtschaft wieder dahin zu bringen, wo sie hin sollte.

Nämlich unsere Menschen mit nahrhaften und reichhaltigen Lebensmitteln zu versorgen und dabei achtsam und respektvoll mit der Natur und Tierwelt umzugehen.


Sonnige Grüsse

Nadja vom Könighof 


Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Anne Retter (Freitag, 02 August 2019 13:01)

    Liebe Nadja, ich habe deinen Artikel mit Interesse gelesen. Sehr spannend! Als Verbraucher weiß man solche Dinge ja nicht. Danke für diesen Insight! :)

  • #2

    Könighof - Nadja Rothenbühler (Montag, 05 August 2019 14:03)

    Hallo liebe Anne
    Danke für Dein Feedback und Deine Wertschätzung.
    Sonnige Grüsse Nadja

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